Passt eine Selbstständigkeit zu dir? Welche Fragen du dir stellen solltest

Das Klischee zur Selbstständigkeit geht so: Du arbeitest, die Sonne scheint, also ab nach draußen! Du bist ja so frei. Mit dem Laptop auf die Terrasse – oder es ganz sein lassen und später weiter machen?

Diese Sehnsucht kennen viele. Auch ich. Und ja, ich arbeite so. Ich bin selbstständig und ein Teil meiner Arbeit passiert am Laptop. Hier kann ich frei bestimmen, wie, wann, und wo ich arbeite.

Theoretisch.

Über Laptop-Romantik und digitale Nomaden-Mythen –  wie Selbstständigkeit für mich funktioniert

Ich habe immer zwei Bilder im Kopf, die die beiden Bereiche „selbständige Mutter“ und „digitales Arbeiten“ darstellen:

  1. Die Mutter mit Laptop und Kind auf dem Schoß
  2. Die digitale Nomadin mit Laptop am Strand

Bei erstem Bild muss ich immer laut lachen, das hat mit meinem Sohn noch nie geklappt. Der war schon immer zu wuselig, haut mir in die Tastatur, tatscht auf dem Bildschirm rum und akzeptiert es keine Minute, dass ich „mal eben schnell“ noch eine Mail schreibe.

Beim zweiten Bild muss ich auch lachen, weil das eine Lockerheit impliziert á la „ich sitze den ganzen Tag am Pool, auf den Knien ein Laptop, auf dem ich ab und zu mal rumklicke“.

Es passt einfach nicht für mich, denn …

… ich habe einen engen Zeitrahmen durch mein Kind

… ich bin auch in einer gewissen Form gebunden durch Kunden und Aufträge

Will heißen: Auch wenn für mich Selbstständigkeit bedeutet, dass ich einen tollen, mir auf den Leib geschneiderten Job habe – arbeiten tue ich trotzdem.

Diese Bilder der „digitalen selbständigen Mutter“ nerven mich, weil ich den Eindruck habe, dass das Erwartungen schürt, die einfach nicht stimmen.

Fakt ist: Wenn du dich nicht reinhängst, funktioniert es nicht.

Und neben der Fähigkeit zum Dranbleiben, zum Priorisieren und strategischem Planen, braucht es auch die Qualität, dich immer wieder zu motivieren.

Denn häufig läuft es in der Selbstständigkeit erstmal nicht.

Und zwar sowas von nicht: Die ersten Gründungen fahren fast immer an die Wand, ist bei mir ja auch so gewesen. Die Zahlen schwanken, sind aber deutlich: Zwischen 60-90% aller Start-Ups sollen scheitern. Und wenn du es hinbekommen solltest, brauchst du im Schnitt ca. 3 Jahre, bis deine Selbstständigkeit, dein Business richtig läuft.

So, nachdem ich dich jetzt so richtig demotiviert habe 😉 möchte ich dir ein paar Fragen an die Hand geben, mit denen du eine erste Prüfung vornehmen kannst, ob eine Selbstständigkeit zu dir passt. Du findest im Artikel mehrere solcher kurzen Fragen-Checks, die dir dabei helfen sollen.

Passt eine Selbständigkeit zu mir? Quick-Check Nr. 1:
– Will ich es wirklich? Also so richtig wirklich?
– Bin ich bereit, es zu versuchen, auch wenn ich scheitern könnte?
– Habe ich einen Plan, was passiert, wenn es nicht läuft?

Die Realität – wie sieht mein Job-Alltag in der Selbstständigkeit aus?

Puh, ja, kann ich dir auch nicht sagen 🙂

Denn: es ändert sich oft. Ich wechsle zwischen verschiedenen Aufgaben und Terminen hin und her.

Die einzige Regelmäßigkeit ist eigentlich mein wöchentlicher Blogartikel. Und, dass ich vieles von zu Hause mache. Der Rest ist unterschiedlich, auch bedingt dadurch, dass ich neben dieser Website und meinem Coaching-Angebot noch mit einer Kollegin zusammen eine Unternehmensberatung gegründet habe.

Beide haben unterschiedliche Schwerpunkte und nochmal mehr Berührungspunkte: Letztlich geht es bei mir um das Thema berufliche Entwicklung in all ihren Facetten. Das ist für mich das verbindende Element (früher habe ich hier von Berufung gesprochen). Ich begleite Menschen gerne in ihrer Entwicklung, ich liebe es, mich selbst zu entfalten und habe eine Leidenschaft dafür, neue Ideen und Konzepte zu entwerfen und umzusetzen.

Mein Medium, die Art, wie ich das am besten tun kann, ist dabei das Schreiben und Coachen. Beides ist für mich sehr prozessorientiert, ergebnisoffen und immer wieder anders. Ich stehe nämlich echt auf Abwechslung!

So ergibt sich bei mir ein vielfältiger Aufgabenbereich. Letzte Woche habe ich bspw. das hier getan:

  • Diverse Coachings vor- und nachbereitet
  • Diverse Coachings durchgeführt
  • Einen mehrstündigen Kurz-Workshop veranstaltet
  • Einen Emailkurs zum Thema Führung entwickelt (Hier kannst du dich kostenfrei eintragen)
  • Meinen Blogartikel geschrieben
  • Meinen Newsletter geschrieben
  • Ein bisschen an meinen beiden Websites gebastelt
  • Ein neues Coaching-Angebot entwickelt (coming soon!)
  • Mich um eine neue Kooperation gekümmert
  • Mich selbst coachen lassen (warum du das auch tun solltest, liest du hier)
  • Ein Konzept und Angebot zum Thema Potenzialerkennung für einen Kunden entwickelt
  • Diverse Abstimmungsgespräche mit einer Kollegin gehabt
  • Abends mit Kunden Essen gegangen (lecker!)

Das waren die interessanten Aufgaben. Was hier nicht auftaucht sind solche Dinge wie Rechnungen schreiben, Zahlungseingänge überwachen, Steuer, Mails beantworten, mal kurz durchhängen, Visitenkarten entwerfen, Upps: Kind muss von der Krippe abgeholt werden, telefonieren, Mist: Kind ist früher wach als geplant, Telefonat verschieben,  die immer so anfallen usw.

Ha, puh! Durchatmen!

Und dir schon gleich ein paar Fragen stellen, in welche Richtung für dich eine mögliche Selbstständigkeit gehen könnte:

Passt eine Selbständigkeit zu mir? Quick-Check Nr. 2:
– Was ist dein umfassendes Thema, dein Element, dass dich fasziniert, wofür du eine Leidenschaft hast und dass du dir vorstellen kannst, als Selbstständige umzusetzen?
– Durch welches Medium kannst du dein Thema am besten ausdrücken und bearbeiten?
– Wie sähe dein Alltag als Selbständige aus? Mit welchen Aufgaben und Dingen willst du dich beschäftigen? Und schaffst du es auch, dich zu den „ungeliebten“ Aufgaben zu motivieren?

 Bedeutet Selbstständigkeit immer „ich arbeite selbst und ständig“?

Die Gefahr ist da, wenn niemand „Feierabend!“ sagt, wenn der Aufgabenberg ständig wächst – und gerade zu Beginn – auch der finanzielle Druck da ist.

Ich arbeite momentan mehr, als es mein eigentliches Ziel ist. Das ist allerdings eine bewusste Entscheidung: Mit der Gründung meines zweiten Standbeins, der Unternehmensberatung, war mir klar, dass ich nicht mit 5-6 Stunden täglich auskomme.

Momentan arbeite ich ca 8 Stunden täglich – grob geschätzt. Und Schwankungen unterworfen. Nach oben hin sind mir Grenzen gesetzt, weil ich ja auch Zeit für meinen Sohn haben möchte.

Ich schaffe in diesen 8 Stunden ziemlich viel, weil ich gelernt habe, mit meiner wenigen Zeit gut umzugehen. Ich erinnere: in 2016 hatte ich lange nur 3 Stunden täglich zum Arbeiten. Da kann man nur eine fokussierte Arbeitsweise entwickeln – oder untergehen 😉

Wobei ich auch sagen möchte, dass ich geübt bin im selbstbestimmten Arbeiten, da ich immer schon sehr selbständig gearbeitet habe. Auch als Angestellte war es für mich normal, meinen Tag, meine Aufgaben selbst zu planen und zu strukturieren, mir sogar gezielt die Dinge rauszusuchen, die mich interessieren.

Also, um das klar zu sagen: Selbstständigkeit bedeutet nicht nur arbeiten. In meinem Fall bedeutet es aber, dass ich fast nie Zeit für mich habe. Das ist der Preis, den ich bereit bin, zu bezahlen – für einen gewissen Zeitraum, bis beides, Selbstständigkeit und Unternehmensberatung, auf soliden Füßen stehen.

Momentan starte ich gerade Versuche mit einer Assistenz, um Aufgaben auslagern, und mich noch mehr auf meine Stärken zu konzentrieren. Das ist ein wirklich tolles Gefühl!

Passt eine Selbständigkeit zu mir? Quick-Check Nr. 3:
– Wie viel Arbeitszeit und Energie kannst und willst du in deine mögliche Selbstständigkeit investieren?
– Siehst du dich in der Lage, mit dieser verfügbaren Zeit und Energie eine erfolgreiche Selbstständigkeit aufzubauen?
– Kannst du dich selbst motivieren, strukturieren und auch komplett alleine arbeiten?
– Tipp: Wenn du bislang viel Fremdbestimmung im Job erlebst, rate ich dazu, einige Zeit einzuplanen, um eine produktive Arbeitsweise zu entwickeln. Vielleicht hilft dir das hier.

 

Zahlen bitte! Oder auch: Wenn sich deine Selbstständigkeit nicht rechnet

 Eines muss dir klar sein: Wenn du dich selbstständig machst, ein Unternehmen gründest, dann, weil du damit Geld verdienen willst – und wahrscheinlich auch musst.

Also gilt es, alles gut durchzurechnen. Diese Quelle hier, geht von realistischen 1500€ im Monat aus – als Ausgaben!

Das lässt sich so aufschlüsseln:

  • Deine Ausgaben für die Krankenkasse: Ich empfehle dir dringend eine freiwillige gesetzliche Versicherung – die ist kostenintensiv, aber meiner Meinung nach alternativlos. Wenn du hauptberuflich selbstständig bist, musst du mit Kosten von über 400€ im Monat rechnen! Und das ist die niedrige Variante! Es gibt ein paar Drehschrauben (Gründungszuschuss, nebenberuflich selbständig), bei denen der Beitrag sinkt, aber sich meist auch bei 200€/Monat einpendelt
  • Deine Ausgaben für Rente und sonstige Versicherungen: Hängt von deinem Einkommen ab, aber auch hier kannst du von 500€ aufwärts ausgehen. Klar, du kannst in deine Rente erstmal nicht einzahlen – aber wie lange willst du das tun? Wenn deine Selbständigkeit nicht genügend Geld dafür einbringt, dann ist sie nicht ausreichend!
  • Deine Ausgaben ggfs. für Gewerbesteuer, Einkommensteuer, Kirchensteuer und sonstige Steuern: Abhängig von deiner Steuerklasse und dem Besteuerungsort – zieh nochmal locker 30% vom Einkommen ab
  • Ausgaben für Steuerberater – empfehle ich dir und kostet auch noch ca. 1000€ aufwärts/Jahr
  • Ausgaben für Equipment: Laptop, Programme, Website usw
  • Ausgaben für Weiterbildungen
  • Ausgaben für Büro / Räumlichkeiten: Je nachdem, ob du ein eigenes Büro hast, Lagerräume usw. kommen noch mehr Kosten auf dich zu
  • Ausgaben für Waren: Wenn du nicht nur Dienstleistungen verkaufst, musst du auch genügend Geld vorhalten, um deine Produkte zu kaufen

Die Liste lässt sich noch um einiges erweitern – sie ist sehr individuell und soll dir hier einfach einen Überblick geben, was du einplanen musst. Was hier noch nicht drin ist: Deine Lebenshaltungskosten! Miete, Essen, Kleidung usw. will auch bezahlt werden.

 

Passt eine Selbständigkeit zu mir? Quick-Check Nr. 4:
– Hast du überhaupt Lust, dich mit solchen Dingen wie Ausgaben, Einnahmen usw. auseinanderzusetzen?
– Wie hoch sind deine geschätzten Ausgaben?
– Wie hoch schätzt du deine Einnahmen?
– Wie viel bleibt für dich über?
– Wie geht es dir mit dieser Rechnung? Kannst du dir vorstellen, mit diesen finanziellen Anforderungen und der daraus entstehenden Unsicherheit fertig zu werden?
– Tipp: Wenn sich bei dir jetzt langsam die Panik meldet und du trotzdem weiter machen willst: Such dir Unterstützung für den finanziellen Teil. Gerade im Bereich Gründungen gibt es viele (staatlich bezuschusste) Angebote. Bitte nicht mich fragen – das ist echt nicht mein Steckenpferd 🙂

 

Warum Selbstständigkeit immer auch Selbstentwicklung ist

Die größte Herausforderung in meinem Leben ist meine Rolle als Mutter. Und gleich danach kommt die Selbständigkeit. Da bei mir ja beides zusammen hängt, habe ich in den letzten beiden Jahren riesige Entwicklungsschritte, ja: echte Sprünge gemacht.

Die standen einfach an. Wie du vielleicht weißt, habe ich mich die Jahre zuvor stets klein gemacht und war voller Selbstzweifel. Das habe ich geändert.

Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich nun, was Menschen möglich ist, wenn sie nur ein kleines Fünkchen an Vorstellung davon haben, wo sie hin wollen. Also: Wenn du dich momentan damit plagst, dass du dich zu wenig selbstbewusst/kompetent/irgendwas fühlst, dann kann das vielleicht etwas dauern, bis deine Träume und Ziele wahr werden (bei mir: Jahre), ABER es ist möglich! WENN: du dafür wirklich was tust.

Was genau, kann ich dir nicht sagen – das musst du rausfinden, indem du dir genau anschaust, was dich aufhält. Das gehört mit dazu und ist auch eine Qualität, die Selbstständigkeit ausmacht: Eigenverantwortlich handeln.

Passt eine Selbständigkeit zu mir? Quick-Check Nr. 5:
– Welche beruflichen und persönlichen Entwicklungen stehen bei dir an?
– Welche inneren Hürden und Hindernisse müsstest du aus dem Weg räumen, um erfolgreich selbstständig zu sein?
– Was würde dir helfen, diese Herausforderungen anzugehen? Und wann wirst du das tun? Falls du mit einem Coaching liebäugelst: Hier entlang zum Vorgespräch!

 

So, wie steht es bei dir? Hast du rausbekommen, ob du mit dem Thema Selbstständigkeit weiter machen willst? Sind deine Fragen beantwortet – oder hast du durch meinen Artikel eher noch welche dazu bekommen?

Schreib es mir. Hier in die Kommentare oder direkt per Mail.

Ich freu mich drauf!

Deine Wiebke

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